Die Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung gem. § 25 IV 1 EstG ist wirtschaftlich unzumutbar im Sinne von § 150 VIII 1 und 2 AO, wenn der finanzielle Aufwand für die Einrichtung und Aufrechterhaltung einer Datenfernübertragungsmöglichkeit in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu den Einkünften nach § 2 / 1 Nr. EstG steht.
BFH, Urteil vom 16.06.2020 – VIII R 29/19
Zum Sachverhalt
Streitig ist, ob der 1965 geborene Kl. einen Anspruch hat, von der Verpflichtung zur elektronischen Abgabe der Einkommensteuererklärung und der Einnahmenüberschussrechnung befreit zu werden. Er ist seit 2006 als selbständiger Physiotherapeut tätig und übt seine Tätigkeit ohne Mitarbeiter sowie ohne eigene Praxis- und Büroräume aus. Zudem verfügt er zwar über PC und einen Telefonanschluss, nicht aber über einen Internetzugang oder ein Smartphone.
Bis zum Jahr 2016 wurde der Kl. auf Grundlage der von ihm handschriftlich erstellten Einkommensteuererklärung und Gewinnermitteilung vom Bekl. (Finanzamt) zur Einkommensteuer veranlagt. Auch die Einkommenssteuererklärung für das Streitjahr 2017, in dem er Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit iHv 14.534 Euro erzielt hatte, reichte er in Form des handschriftlich ausgefüllten amtlichen Vordrucks nebst Anlage EÜR ein. Nachdem das Finanzamt ihn erfolglos zur elektronischen Übermittlung aufgefordert und die Verhängung eines ein Zwangsgeld angedroht hatte, setzte es mit Bescheid vom 26.09.2018 ein Zwangsgeld iHv 200 Euro gegen ihn fest. Mit Bescheid vom 26.10.2018 lehnte es den Antrag des Kl., ihn von der Verpflichtung zur elektronischen Abgabe zu befreien, ab.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen diese Bescheide erhobene Klage war vor dem FG Berlin-Brandenburg (EFG 2020, 204 = BeckRS 2019, 28419) erfolgreich. Die Revision des Finanzamts blieb onhe Erfolg.
NJW 2020 S. 3743